Wer kennt es nicht – Wir hetzen von Termin zu Termin, sind damit beschäftigt uns um unsere Familie zu kümmern, Freunde zu treffen, erfolgreich zu sein, fit und gesund zu bleiben und dabei immer auf dem neusten Stand zu sein, was in den (Sozialen) Medien gerade angesagt ist. Und wir kennen es auch, dass immer mehr Kollegen und Freunde am sogenannten Burn Out leiden und plötzlich nicht mehr in der Lage sind ihr bisheriges Leben so weiterzuführen wie bisher. Zwei Extreme, die in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus rücken, allerdings schon seit vielen Jahren u.a. in der Medizin bekannt sind.
Wenn der Mensch den Anforderungen nicht mehr gerecht wird
Das Burn-Out-Syndrom resultiert aus der Unfähigkeit des Individuums den gestellten Anforderungen nicht mehr gerecht werden zu können oder anders gesagt eine physische wie emotionale Überforderung durch massiven Stress. Erschöpfung, Mangelerscheinungen sowie psychische Erkrankungen wie Depression können die Folge sein. Dabei spielt vor allem die Schnelllebigkeit unserer modernen Leistungsgesellschaft eine bedeutende Rolle und fordert vor allem in den Industrieländern ihren Tribut. Die Moderne medizinische Forschung kennt die Herausforderungen und stellt außerdem eine Reihe wirksamer Methoden zur Verfügung, um Menschen wieder aufzubauen und ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, mit den Anforderungen umzugehen oder Techniken zu etablieren um Stress zu reduzieren. Eine der bekanntesten Methoden dabei ist die achtsamkeitsbasierte Stressreduktion nach Jon Kabat-Zinn, kurz MBSR.
Aber nicht nur Patienten mit Burn-Out-Diagnose profitieren von diesen Methoden. Achtsamkeit ist ein großer Begriff, dessen Wurzeln bereits in den indischen Lehren des Yoga zu finden sind. Aber was beutetet Achtsamkeit überhaupt und wie kann dieses Konzept dabei helfen Stress zu reduzieren und im besten Fall ein Burn-Out vorbeugen?
Was beutetet Achtsamkeit?
Achtsamkeit bedeutet zunächst einmal nichts anderes, als bewusst wahrzunehmen. Bewusst auf bestimmte Dinge zu achten. Dabei ist es unerheblich ob es sich dabei um Essen, Beziehungen, Gespräche oder ein Spaziergang in der Natur handelt. Bewusstes Wahrnehmen verankert uns im gegenwärtigen Moment und lässt uns zumindest für einen Moment dem Hamsterrad aus Gedanken, Sorgen und Ängsten entfliehen. Denn unser Gehirn ist so konzipiert, dass es sich nur auf eine Sache wirklich konzentrieren kann. Der Mythos Multi-Tasking ist bereits mehrfach widerlegt und die Annahme, dass wir leistungsfähiger und erfolgreicher sind, wenn wir mehrere Dinge auf einmal erledigen, führt mit Sicherheit nicht zur Reduktion von Stress in unserem Alltag. Die Konzentration auf den gegenwärtigen Moment – das ist die Essenz, der Kern von Achtsamkeit. Und alles was du dafür brauchst sind deine Sinne um bewusst und achtsam wahrzunehmen.
Wie Achtsamkeit Stress reduziert
Ziel der Achtsamkeits-Praxis ist es in erster Linie bewusster zu leben und damit Stress zu reduzieren. Wie genau funktioniert das? Wenn du dich entscheidest dich dem Thema Achtsamkeit zu näheren wirst du vermutlich schnell auf die Begriffe Meditation und Yoga stoßen. Ein zentrales Element in der Achtsamkeits-Praxis ist tatsächlich Meditation, wobei diese in zahlreichen Varianten vorkommen kann, denn nicht jeder Mensch findet den gleichen Zugang hierzu. Die einfachste Form der Achtsamkeits-Meditation ist es sich in einem angenehmen Umfeld in bequemer aber dennoch präsenter Sitzposition hinzusetzen, die Augen zu schließen und den eigenen Atem zu beobachten. Klingt zunächst einfach, kann aber durchaus herausfordernd sein, denn die Aufgabe dabei ist es, aufkommenden Gedanken nicht zu folgen sondern sie bewusst wieder ziehen zu lassen. Gerade für Einsteiger:innen, aber auch für Erfahrene kann dies je nach aktuellem Wohlbefinden durchaus frustrierend sein, wenn der geist einfach nicht zur Ruhe kommen will. Und hier liegt ein weiterer Aspekt, den uns die Achtsamkeit lehrt. Der Umgang mit Frust, vermeintlichem Misserfolg und anderen Emotionen. Wenn wir einmal gelernt haben Dinge in und um uns bewusst wahrzunehmen, dann erhalten wir somit auch Zugang zu unseren Emotionen. Während wir sie im ersten Schritt zunächst nur wahrnehmen, können wir sie später reflektieren, einordnen und im besten Fall auch kommunizieren, zum Beispiel wenn wir uns überfordert oder unsicher fühlen. Somit kann eine regelmäßige Achtsamkeits-Praxis auch einen selbstbewussteren Umgang mit unseren Emotionen fördern und schließlich dabei helfen präventiv Stress zu reduzieren indem frühzeitig zum Beispiel eine drohende Überlastung wahrgenommen wird.
Wie fängt man am besten an?
Jeder Mensch findet einen anderen Zugang und Auslöser zum Thema Achtsamkeit. Einige Menschen stoßen erst durch ihre Burn-Out-Diagnose darauf, andere durch Interesse an meditation, Spiritualität oder ganz beiläufig zum Beispiel durch einen Blog- oder Zeitungsartikel. Aber wie fängt man nun am besten an? Klassischerweise gibt es viel sehr empfehlenswerte Literatur zum Beispiel von John Kabat-zinn, Volker Zotz, Thích Nhất Hạnh uvm. Welche Autor:innen dabei den richtigen Nerv treffen, ist sehr individuell. Auch gibt es die Möglichkeiten sich dem Thema Meditation über digitale Apps wie 7Mind oder InsightTimer zu nähern. Und natürlich gibt es auch Achtsamkeits- und Meditationslehrer:innen, die regelmäßig Klassen vor Ort anbieten. Wichtig bei allen Herangehensweisen ist es, geduldig und offen zu sein. Das Erlernen einer neuen Routine braucht Zeit und birgt immer auch die Möglichkeit der Unzufriedenheit, wenn es nicht schnell genug geht. Wie bei vielen Dingen im Leben und wie bereits von Konfuzius treffend beschrieben gilt auch in der Achtsamkeit-Praxis: Der Weg ist das Ziel.
Namasté
Mindful Life Berlin
Text: Felix George